Sonntag, März 06, 2005

Fledermausland

Gestern ist etwas sehr lustiges passiert. Nun ja, gemessen an allen lustigen Dingen, die tagtäglich so in der Welt passieren, war es eigentlich nicht herausragend lustig, für diesen schäbigen Weblog und seine drög-doofen Leser (Entschuldigung - ist doch wahr) reicht es aber allemal. Das Problem ist, dass ich ein wenig ausholen muss, damit das mittelmässig lustige Ereignis auch voll zur Geltung kommen kann:

Ein Konzert. Kaum bin ich im Saal, beginnt auch schon die Vorgruppe. Die Band besteht aus ein paar Jungs an verschiedenen Instrumenten und einer Frau, die singt, Gitarre und Mundharmonika spielt und zwischen den Songs Bier trinkt. Sehr beeindruckend. Ärgerlicherweise schreit eine Frau aus dem Publikum immer dann, wenn die Sängerin Bier trinkt, also jeweils zwischen den Songs, mit hysterischer Kreischstimme immer den Namen eines Songs, den sie unbedingt hören will. Irgendwann entschliesst sich die Band dann tatsächlich, darauf einzugehen und bittet die Frau, doch gleich mitzusingen. Diese klettert, mit Hut auf dem Kopf, gigantischer Tasche um den Hals, Zigarette in der einen und Drink in der anderen Hand, auf die Bühne und singt mit der Sängerin im Duett ihr Wunschlied. Plötzlich entern ein paar Jungs in Eskimo-Jacken und anderer, noch seltsamerer Bekleidung die Bühne und grölen mit. Ich frage mich gerade ernsthaft, wo zum Toifel ich hier wieder gelandet bin, als mir auffällt, dass es in diesem Drecksloch genau so stinkt, wie es in der Schul-Turnhalle früher immer gestunken hat, wenn der Abwart mal wieder eine Pfeife durchgezogen hat. Ich wende meinen Kopf nach rechts, wo ich den Ursprung der Luftverschmutzung vermute und tatsächlich steht da ein Teenager, der aller Ernstes eine Pfeife pafft und mir zuzwinkert. "Zuzwinkern" in dem Sinne, wie einem Grossväter zuzwinkern und nicht "zuzwinkern", wie Streetparadeteilnehmer einem zuzwinkern, damit das vom Bild her klar ist. Das war in einem einzelnen Kopf dann doch nicht auszuhalten, worauf ich mich entschloss, den Pfeifengestank mit eigenem Kraut zu überstinken (ab diesem Satz wechselt die Erzählzeit von der Gegenwart in die Vergangenheit, Anm. des Übersetzers).
Inzwischen war die Hauptband am abdrücken, tolle Sache. Fragt mich nicht was für Sound oder welche Lieder und so Zeugs, ich kannte bis zum Konzert nichts von diesen Typen und war darüber hinaus sowieso auf ärgste Weise mit mir selbst beschäftigt. Diese Lügner, die ständig erzählen, dass das World Trade Center nicht mehr da sind, sollen mir bitte mal erklären, warum diese Türme immer dann vor mir auftauchen, wenn ich auf eine Bühne, Leinwand oder sonstwas sehen möchte. Ausserdem nahm ich um mich herum ständig Gespräche von minderbemittelten Landeiern war, die sich darüber stritten, ob sie, wenn sie JETZT gehen würden, den letzten Zug noch erreichen würden. Ich hingegen erreichte meinen nächsten Zug, indem ich mir eine weitere Zigi anzündete.
Was ich bis jetzt nicht erwähnt habe - und das ist jetzt wichtig für das einigermassen lustige Ereignis - ist, dass sich die Typen auf der Bühne zwischen den Songs immer ordentlich Zeit und eine Zigarette rumgehen liessen, was natürlich unsere Freundin, die Songschreifrau, wieder auf den Plan rief. Wieder krächzte sie jedesmal irgend einen Titel, worauf ein Typ aus dem Publikum unter grossem Applaus, aber leider für die Musiker unverständlich, zurückschrie (und was auch ich jetzt beherzige): "Jetzt heb mal d'Frässi!"

3 Comments:

At 6. März 2005 um 13:32, Anonymous Anonym said...

grosse literatur für einen jungen sonntag!

 
At 7. März 2005 um 18:09, Anonymous Anonym said...

Da hat mir doch der Sänger aus der Seele gesprochen. Halleluja!

 
At 7. März 2005 um 18:12, Anonymous Anonym said...

Oups... der Schreier aus dem Publikum natürlich, nicht der Sänger. -Was das Lachpotential etwas schmälert, aber dennoch aus der Seele gesprochen ist.

 

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